Venezuela 2007 - Weihnachten

Sitze gerade auf dem Flughafen in Caracas, leider mit einem steifen Nacken, weil mir wahrscheinlich im Taxi der „Zug" nicht bekommen ist... :-) das klingt lustig, ist's aber nicht wirklich, denn ich kann meinen Kopf leider nur noch um 10 Grad nach rechts und links drehen. Das wird unter diesen Bedingungen sicher ein anstrengender Rückflug... dazu kommt, dass ich heute auch noch fast den ganzen Tag hier auf dem Flughafen verbringen muss, weil ich nur noch einen Flug von Porlamar hierher am Morgen bekommen habe und mein Flug zurück nach Europa erst um 18 Uhr geht. Und so was wie ne Gepäckaufbewahrung gibt's hier leider nicht... Naja, aber so habe ich Zeit, die Erlebnisse und Eindrücke ein wenig zu verarbeiten, bevor es über Silvester ja dann gleich mit meinen Eltern nach London geht. Wird bestimmt nicht nur ein Temperatur-, sondern auch ein richtiger Kulturschock...

Ich muss sagen, momentan schmerzt nicht nur der Hals, sondern ich bin schon auch ein wenig traurig, dass die Zeit hier schon wieder vorbei ist, denn mal wieder hat mich alles hier zu sehr fasziniert. Auch wenn es diesmal nur die Isla Margarita war, diese südamerikanischen Länder machen mich einfach suechtig!!! Ich kann gar nicht sagen, was genau es ausmacht, es ist sicher die Summe aus vielen Dingen. Die Mischung aus Chaos, netten aufgeschlossenen lebhaften und lustigen Menschen, abgefrackten Häusern und Autos, der Natur, dem Klima, einem Stück Abenteuer, der Gelassenheit der Leute in vielen Situationen... Ich fühle mich echt wohl hier und selbst die schmutzigen Straßen und Müllberge stören hier weniger als anderswo.

Dennoch gibt es auch Dinge, die mir hier fehlen, wie beispielsweise Schnee oder Essen mit Soße. Die Mahlzeiten hier sind irgendwie oft sehr trocken und nicht wirklich aufregend gewürzt. Um mal ein Beispiel zu nennen. Einen Abend gab es trockenen Reis, dazu gekochte Kartoffelscheiben und dazu Thunfisch aus der Dose, der mit Möhren und Erbsen so'n bisschen pikant angemacht war... Klingt das lecker??? Nicht wirklich, oder????
Und ich muss auch sagen, dass ich Weihnachten zu Hause sehr viel schöner finde. Es war eine Erfahrung wert, aber es fehlt hier einfach die Gemütlichkeit. Und diesen Eindruck teile ich mit vielen anderen Leuten aus der Schule auch. So gibt es zwar ein Weihnachtsessen, aber es wird nicht wirklich celebriert. Es kommt auf den Tisch, wie jede andere Mahlzeit an den anderen Tagen auch und es fehlen die Kerzen - stattdessen sitzt man da bei grellem unangenehmen Neonlicht. Und den Weihnachstmann spielt hier für die Kinder auch niemand. Die Weihnachtsdeko auf den Straßen und in den Geschäften ist, mal abgesehen von Weihnachtspalmen und -kakteen vergleichbar mit unserer. Es gibt Engel, Weihnachtsmänner, und Weihnachtsbäume, letztere aber leider nur künstlich... In den Wohnungen stehen oft riesige verkitschte Grippen auf dem Fussboden. Da ist das halbe Wohnzimmer mit ausgefüllt (Katja, da ist die Grippe, die Du zum Horrorwichteln bekommen hast, nichts dagegen!!!). Ich habe Euch ein paar Eindrücke per Foto beigefügt, allerdings nicht die Wohnzimmer (das fand ich zu indiskret)... aber für die Männer habe ich die Promogirls im Einkaufszentrum festgehalten... :-) Für die ist auch das Foto von der Schaufensterpuppe, denn ich fand es erstaunlich, wie viel mehr Oberweite die Puppen hier haben... Venezuela ist halt das Land, wo es die meisten plastischen OPs gibt und wo die auch wirklich extrem billig sind. Kuenstliche Brueste gehören hier zum guten Ton und bestimmt jede zweite Frau trägt irgendwelche Implantate zur Schau. Ich habe jetzt auch ne neue Körbchengröße... :-) nee, nee, alles beim alten...

Doch zurück zu Weihnachten. Ich habe mich am Montag, also am 24.12. mal nach Porlamar, der größten Stadt hier auf der Insel, ins Weihnachtschaos begeben. Wenn man selbst keine Geschenke kaufen muss, ist das ne tolle Sache, um Leute zu beobachten. Die Straßen sind voll, die Geschäfte ebenso, so dass man teilweise vor den Geschäften darauf warten muss, reingelassen zu werden. Drinnen sieht es dann schlimmer aus, als bei uns beim Sommerschlussverkauf. Auf der Straße verkauft auch jeder, was er kann. Da liegen die Schuhe neben dem Obst und daneben türmen sich Berge von Müll... Die Preise für Bus und Taxi verdoppeln sich an den Feiertagen und auf der Insel herrscht eigentlich nur noch Ausnahmezustand. Das halbe venezolanische Festland verbringt nämlich die Feiertage auf der „Insel" und dementsprechend sind die Strände an diesen Tagen auch alles andere als einsam. Was Mallorca für die Deutschen ist die Isla Margarita für die Venezolaner.
Als ich von meinem Bummel zurück kam, war ich echt geschafft. Zu Hause gab's dann das typische Weihnachtsmahl. Das sind, wie schon berichtet die Hallacas. Dazu gibt es Pernil (das ist ein Schweinekeule- sehr zart und lecker und endlich mal mit Soße!!!!!!), Ensalada de pollo (Hühnchensalat mit Kartoffeln und Möhren) und pan de jamon (Brot mit Schinken und Oliven) und natürlich war die Familie Weihnachten zusammen, bis auf den Sohn, der in Caracas wohnt. Nach dem Essen wurde beschert. Dieses Jahr schienen wohl T-Shirts für die Erwachsenen und Autos für die Kinder die Renner zu sein. Schön fand ich, dass die Kinder tatsaechlich nur ein einziges Geschenk bekamen und nicht, wie es ja in Deutschland oft der Fall ist, mit Geschenken überhäuft wurden. Für mich hatten sie auch ein Geschenk (ratet???? - genau- ein T-Shirt). Das fand ich echt sueß, also nicht das T-Shirt (war so'n Touri-T-Shirt mit Aufdruck von der Insel), sondern die Geste, denn damit hatte ich nicht gerechnet. Ich hatte ja nen echten Dresdner Christstollen mitgenommen. Der kam auch sehr gut bei allen an!
Ja und dann saß man halt so beisammen, und um Mitternacht sprangen plötzlich alle auf, riefen Feliz navidad und umarmten und küssten sich, so wie wir es zu Silvester machen. Und danach gingen wir auf die Straße und sahen dem Feuerwerk zu. Geknallt wird hier fast in der ganzen Weihnachtszeit und so ist's eben dank Raketen, knatternder Autos, lauter Hupen und Sirenen irgendwelcher Alarmanlagen eher weniger besinnlich hier...

So, nun wisst Ihr, wie man Weihnachten hier in Venezuela feiert. Ich hoffe, Ihr hattet auch alle ein paar schöne Tage.
Liebe Grüße aus Caracas
Maja