Havanna

Zwischen Oldtimern und herabfallenden Dachziegeln

 Anreise über Umwege

Cuba war eine recht kurzfristige Entscheidung und günstige Flüge gabs nur noch mit Aeroflot über Moskau. Na ja... ist nicht gerade der direkteste Weg nach Kuba, dafür war es aber mit Sicherheit der schönste... :-) Der Blick auf Grönland war nämlich spektakulär und entschädigte für den Umweg und die 16 h Wartezeit auf den Anschlussflug.

Ankunft in Havanna

Wenn man an Havanna denkt, fallen einem sofort die alten Oldtimer ein.  Dass dies nicht nur ein Klischee ist, bestätigte sich bereits am Flughafen, denn ich wurde direkt mit einem dieser alten Exemplare in die Innenstadt gefahren. Mein Taxifahrer war auf jeden Fall jünger als sein Auto... :-) Ich interessiere mich ja eigentlich nicht so für Autos, aber in Havanna schaue ich ihnen dann doch schon mal hinterher... :-)

Der 1. Abend im Hostal war dann gesellig und international (allerdings mit einem deutschen Übergewicht) und das Essen sehr lecker. Die meisten schliefen wie auch ich in der Nachbarschaft in Privatunterkünften bei Familien. Das Hostal war aber zentraler Anlaufpunkt, wo zusammen gegessen wurde und man sich super austauschen konnte und gute Tipps für die weitere Reise bekam. Deshalb habe ich auch die weiteren Abende im Hostal gegessen. Der Schlüssel hing witzigerweise unten an der Tür, damit man jederzeit rein konnte.


CUB oder CUC?

Ungewohnt ist, dass man hier mit 2 verschiedenen Währungen bezahlen muss. CUC ist die "harte" Währung, mit der man das meiste im Land bezahlen muss. Mit dem nationalen Peso (CUB) kommt man nicht weit, aber man braucht ihn trotzdem, um auf den Märkten einkaufen zu können oder mal ne Pizza oder nem Hamburger auf der Straße essen zu können. Ich habe nur 10 CUC, dass sind etwa 8 Euro, in CUB getauscht. Dafür bekam ich 240 CUB. Upps, wohin mit den vielen Scheinen? Und wie soll ich das Geld aufbrauchen, wo doch ne Pizza nur 10 bis 15 CUB kostet?

Das Verrückte ist, dass diese 10 CUC, die ich umgetauscht habe, für viele Kubaner, die in staatlichen Betrieben arbeiten, ein Monatseinkommen darstellen. Ich habe einen Mann kennengelernt, der ist eigentlich Professor für Mathematik, er fährt aber lieber Fahrradtaxi, denn damit verdient er deutlich mehr als in seinem eigentlichen Beruf. Und so entsteht eine riesige Schere zwischen denen, die in staatlichen Betrieben arbeiten und denen, die im Tourismus ihr Geld verdienen.  Viele vermieten von daher lieber ein Zimmer an Touristen, anstatt arbeiten zu gehen. Und so wimmelt es nur so an Privatunterkünften, den Casa Particulares. Letzteres macht es dem Individualreisenen einfach. Die Familien haben Netzwerke und können einen immer wieder weitervermitteln. Außerdem ist es günstig (ich habe immer zwischen 10 und 18 Euro pro Nacht bezahlt), und man ist sehr nah am kubanischen Alltag dran und bekommt etwas mit vom Leben und den Problemen hinter den Kulissen.

So gibt es beispielsweise viele Grundnahrungsmittel nur auf Zuteilung.  Die Tafel in dem Laden zeigt an, was und wie viel jeder im November bekommt. Milch (und dann meist nur in Pulverform) gibts z.B. nur für Familien mit Kindern. Diese Familien geben einen Teil der Milch aber im Tausch gegen Klamotten oder andere Dinge ab, und so kommen auch andere Menschen an Milch. Schon verrückt, in Deutschland wird die Milchquote abgeschafft und wir wissen nicht, wohin mit der Milch und anderswo ist es Mangelware.

Auch Festnetzanschlüsse zu Hause sind nach wie vor kein Standard, von Internet und Computern ganz zu schweigen. Einige Dinge erinnern mich irgendwie an meine Kindheit in der DDR. Auch wenn ich das Gefühl habe, es gab früher bei uns mehr Auswahl an Produkten, so weckte mein Besuch eines staatlichen Ladens doch ein paar Assoziationen zum damaligen "Konsum". Entweder sind die Regale leer oder die wenigen Produkte sind so in die Breite gezogen, dass es auch komisch aussieht. 6 m Bohnen, 4 m Pflanzenöl, 3m Zitronensprudel... An Wurst gibt es in ganz Kuba wahrscheinlich nur 2 Sorten.

Das einzige Produkt, was man in reichhaltiger Palette überall vorfindet, ist Rum.



Stadtrundgang auf Inlinern

Doch bevor ich mich dem Rum widme, erkunde ich die Stadt. Mit Inlinern skate ich von der Festung Castillo de la Punta die legendäre Uferpromenade, den Malecon, entlang und habe so die Möglichkeit, auch die weniger touristischen Randbezirke von Havanna zu entdecken. Miramar und Vedado liegen doch schon etwas außerhalb. Ich probiere das Essen an den einheimischen "Straßenständen", wo man schnell mit den Kubanern ins Gespräch kommt. Danach gehts auf einen der größten Friedhöfe der Welt, den Cementerio de Colón:  800.000 Gräber auf 56 ha (gut, da die Inliner dabei zu haben) und über den geschichtsträchtigen Platz der Revolution zum Capitol. Ich bin auf den Inlinern ein Exot, allerdings begegne ich sogar 2 einheimischen Skatern, die mich grüßen und im Vorbeifahren abklatschen. Der schöne Nebeneffekt ist: Die Taxifahrer belästigen einen nicht an jeder Ecke mit der Frage, ob ich ein Taxi brauche. Habe schließlich mein eigenes "Taxi" dabei. :-)

Durch die Alttstadt mache ich mich aber zu Fuß auf den Weg. Auf den ersten Blick wirkt alles grau und runtergekommen:

Die 1959 an die Macht gekommene Regierung  setzte sich dafür ein, die Lebensverhältnisse in den Provinzen zu verbessern, es entstanden neue Wohneinheiten anderswo. In der Altstadt von Havanna aber Begann der Verfall. 10% der Gebäude sind bereits komplett eingestürzt, 50% haben undichte Dächer und bei 25% sind Teile des Fußbodens eingebrochen. Es ist ein Trauerspiel zu sehen, wie diese einst prunkvollen Paläste der Adelsfamilien verkommen.


Aber an allen Ecken wird gearbeitet, gebaut und gepinselt. Da ich mal wieder in der Gegend rumgeschaut habe, anstatt mich auf den Weg zu konzentrieren, bin ich am 2. Tag auch schön über so eine Baustahlmatte gefallen, die ich nicht gesehen hatte. Da ich die Kamera retten musste, konnte ich mich nicht gut abfangen. Ergebnis: Zehen blutig, kleine Schürfwunden am Körper, aber fürsorglich betreut von den auf mich zustürzenden Bauarbeitern und Passanten... :-) Immerhin bin ich nicht von einem herabfallenden Dachziegel getroffen worden, denn davon gabs ne Menge.

Dieser Arbeiter hier war echt süß. Nachdem er mich mit seinem einzigen deutschen Satz "Ich liebe dich" ein wenig angeflirtet hat, fragte ich ihn, ob ich ihm helfen kann. Da hat er mich ein bisschen mitmalen lassen, und so habe ich auch meinen Beitrag geleistet zum Projekt "Schöner, unsere Atstadt" :-) Wenn ihr also mal in Havanna auf dem Plaza Vieja steht vor diesem Haus. Links oben, diese Spitze auf dem Geländer, die habe ich angemalt... :-)


Noch sind es nur einige wenige Straßen und Plätze, die schon saniert sind und aussehen wie in einem Museum. Fast schon zu makellos für meine Verhältnisse. In ein paar Jahrzehnten wird sicherlich die komplette Altstadt so aussehen, und es schlendern noch mehr Touristen durch die schmalen Gassen und den Büchermarkt auf dem Plaza de Armas.

Während Hunde in Havanna ihren eigenen Lichtbild-Ausweis mitführen müssen...

...genießen die Katzen auf der Straße ihre Freiheit insbesondere, wenns was zu fessen gibt.


Ich lasse meine Tage stets ausklingen in einer Bar mit Livemusik. Die Gitarre ist das Sprachrohr der Kubaner. Ob sie damit das Herz ihrer Liebsten auf der Straße erobern oder die Herzen der Touristen, es verbindet und verkörpert einfach unheimlich viel Lebensfreude.

Und was dazu natürlich nie fehlen darf, ist ein leckerer Mojito. Natürlich kennt man Havanna Club auch aus Deutschland, aber hier, wo er seine Wurzeln hat, schmeckt der Rum gleich noch mal so gut.


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